Am 8. November wählt Pennsylvania einen neuen Gouverneur. Dann tritt der Republikaner Doug Mastriano gegen den Demokraten Josh Shapiro an. Es gibt wenige Abstimmungen bei den diesjährigen Zwischenwahlen in den USA, die die Zerrissenheit der Republikanischen Partei so gut zeigen wie diese. Und wenige, die so weitreichende Auswirkungen haben könnten.
Craig Snyder, politischer Berater:
»Es klingt fast lächerlich, das überhaupt zu sagen: Wer der Gouverneur von Pennsylvania ist, könnte buchstäblich weltweite Auswirkungen haben. Das klingt verrückt. Aber in diesem Fall stimmt es einfach.«
Snyder ist ein politischer Berater, der jahrzehntelang für die Republikaner aktiv war. Jetzt will er den republikanischen Kandidaten verhindern. Denn mit Mastriano tritt ein extremer Rechter an, ein Coronaleugner und christlicher Fundamentalist, der von Donald Trump unterstützt wird. Ihm wird Antisemitismus vorgeworfen, Nähe zu Verschwörungstheoretikern. Mastriano war beim Sturm auf das US-Kapitol dabei. Genau wie Ex-Präsident Donald Trump verbreitet er weiterhin die Behauptung, die Präsidentschaftswahl 2020 sei manipuliert worden, ohne jeden Beweis.
Und genau darin sehen viele die Gefahr: Der Gouverneur darf in Pennsylvania den Secretary of State ernennen. Der Posten ist für den Ablauf von Wahlen zuständig, also auch für die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren. Im Extremfall könnte die von Mastriano eingesetzte Person sich dann weigern, den Sieg einer Demokratin oder eines Demokraten zu zertifizieren. Und ist die Präsidentschaftswahl eng – dann könnte sich in einem einzigen Bundesstaat wie Pennsylvania entscheiden, wer als Nächstes ins Weiße Haus einzieht. Um Mastrianos Wahl zu verhindern, hat Snyder die Initiative Republicans for Shapiro gegründet – also eine Gruppe von Republikanern, die bei der Wahl den demokratischen Kandidaten unterstützen. Sie versuchen, Wechselwähler oder moderate Republikaner zu überzeugen – unter anderem mit Videobotschaften.
Eric Settle, Anwalt:
»Hallo, mein Name ist Eric Settle. Mein Leben lang war ich Republikaner, aber vor sechs Jahren hat die Partei eine Richtung eingeschlagen, die es einem schwer gemacht hat, Republikaner zu sein. Und mit der Nominierung von Doug Mastriano kann ich dieser Richtung nicht mehr folgen.«
Hier auf seiner Terrasse in Bryn Mawr, eine halbe Stunde nördlich von Philadelphia, hat Settle sein Video aufgenommen. Weil es ihm reichte. Auch er hat lange republikanische Kandidaten beraten und unterstützt. Settle arbeitete für Mitt Romney und John McCain, war als Generalanwalt für einen republikanischen Gouverneur aktiv.
2016 wählte er mit Hillary Clinton erstmals eine demokratische Präsidentschaftskandidatin, still, ohne Aufsehen. 2020 unterstützte er Bidens Kampagne im Hintergrund. Aber nun, mit Doug Mastriano, setzt er sich erstmals ganz offen gegen einen republikanischen Kandidaten ein.
Eric Settle, Anwalt:
»Es hat weh getan – selbst als ich das Video für Republicans for Shapiro aufgenommen habe. Ich wusste, dass ich nun endlich öffentlich Stellung nehme – dass andere Republikaner und Freunde das sehen würden. Aber ich wollte das Richtige tun. Aber ja, es fällt mir schwer. Ich vermisse es, in der Republikanischen Partei aktiv zu sein.«
Für den Moment aber geht es Settle wie sehr vielen Republikanern im ganzen Land: Sie wollen sich Trumps Bewegung nicht verschreiben, werden dadurch aber längst nicht zu Demokraten.
Eric Settle, Anwalt:
»Man fühlt sich, als hätte man keine Heimat mehr. Es ist gut möglich, dass die Republikanische Partei, die ich unterstützt habe, für immer verloren ist. Ich hoffe das nicht. Denn ich respektiere meine demokratischen Freunde und ihre Ansichten. Aber ich denke, es gibt republikanische Werte, die immer noch zählen. Ich glaube nur, wir sind an einem Punkt angekommen, der für viele Amerikaner in der Breite nicht mehr akzeptabel ist.«
Aber wie viel Einfluss kann die Gruppe wirklich auf die Wahl nehmen? Und ist der Aufwand überhaupt nötig? Immerhin liegt der Demokrat Josh Shapiro in den Umfragen mit großem Abstand vor Mastriano.
Snyder beruhigt das nicht. Er ist überzeugt: Es wird eng am 8. November. Deshalb hat eine externe Agentur in seinem Auftrag unter den knapp zehn Millionen Wahlberechtigten in Pennsylvania 250.000 Menschen als Wechselwähler oder moderate Republikaner identifiziert. Menschen wie Snyder und Settle: eher Konservative, denen Mastriano zu extrem sein könnte. Sie will Snyder überzeugen, diesmal den Demokraten zu wählen. Und in dem Bundesstaat entscheiden häufig nur wenige Tausend Stimmen über Sieg und Niederlage.
2016 gewann Trump in Pennsylvania bei der Präsidentschaftswahl gegen Hillary Clinton mit einem Vorsprung von rund 45.000 Stimmen. Vier Jahre später hatte er nur rund 80.000 Stimmen weniger als Joe Biden und verlor. 250.000 Wechselwähler könnten eine Wahl in Pennsylvania also durchaus entscheiden.
Craig Snyder, politischer Berater:
»Unsere Gruppe will diesen Menschen sagen: Ihr seid nicht allein. Es ist sicher, es ist okay, diesmal für die andere Seite zu stimmen. Das macht euch nicht zu Progressiven. Ihr seid nicht plötzlich AOC oder Bernie Sanders, weil ihr diesmal so wählt.«
Trump- und Mastriano-Anhänger nennen Republikaner wie Settle oder Snyder »RINO« – Republicans in name only. Sie seien keine echten Republikaner.
Kelly Moran, Mastriano-Anhängerin:
»Die wurden einer Gehirnwäsche unterzogen. Shapiro ist so weit links. Ich habe davon noch gar nicht gehört. Ich habe keine Ahnung, warum Republikaner für Shapiro sein sollten. Wahrscheinlich ist das eine Masche von Demokraten, damit wir Republikaner für sie stimmen.«
Nora, Mastriano-Anhängerin:
»Ich glaube nicht, dass es viele Republikaner gibt, die die andere Seite unterstützen, um ehrlich zu sein. Das ist nur Gerede.«
Weil Snyder, Settle und die Republicans for Shapiro das anders sehen, werden sie bis zum 8. November alles dafür tun, um ihre schlimmsten Befürchtungen zu verhindern.
Craig Synder, politischer Berater:
»Sollte Mastriano gewinnen, wäre die Präsidentschaftswahl 2024 in Gefahr, korrumpiert zu werden. Und das könnte zu Gewalt führen, zum Zusammenbruch unseres verfassungsrechtlichen Systems. Es könnte wirklich katastrophal werden.«