Zum Inhalt springen
SPIEGEL ONLINE

Nach Rauswurf von Innenminister Kickl Alle FPÖ-Minister verlassen Österreichs Regierung

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz hat sich entschieden: Innenminister Herbert Kickl muss infolge der Ibiza-Affäre sein Amt aufgeben. Daraufhin kündigten die Minister der FPÖ an, die Regierung zu verlassen.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird dem Bundespräsidenten die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorschlagen. Nach dem Skandalvideo von Ibiza steckt das Land in einer schweren Regierungskrise. Nun brauche es "vollständige Transparenz" und "lückenlose Aufklärung", sagte Kurz am Montagabend in Wien.

Damit droht das Ende der Koalition zwischen der konservativen ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich. Die FPÖ hatte zuvor angekündigt, dass sämtliche Minister aus ihren Reihen ihr Amt niederlegen würden, sollte Kurz Innenminister Kickl entlassen. Ein Parteisprecher der FPÖ sagte der Nachrichtenagentur APA, die Minister würden die Regierung nun wie geplant verlassen. Bis zum Wahltermin im September soll nun eine Expertenregierung gebildet werden.

Kurz bestätigte, dass Spitzenbeamte die bisher von der FPÖ besetzten Ressorts führen sollen. Die FPÖ-geführten Ministerien sind: Vizekanzleramt / Öffentlicher Dienst / Sport, Außenministerium, Innenministerium, Arbeit / Soziales / Gesundheit, Verteidigung, Verkehr / Innovation / Technologie.

Ziel von Kurz sei es, mit einer Expertenregierung bis zur Neuwahl im September weitermachen zu können. Für Regierungsbeschlüsse soll es im Parlament dann jeweils wechselnde Mehrheiten geben. Er sprach von der Notwendigkeit, die Handlungsfähigkeit der Regierung erhalten zu müssen. Bis zur Wahl sollten "möglichst geregelte Verhältnisse" herrschen.

Die Sozialdemokraten in Österreich forderten am Montagabend einen Austausch der kompletten Regierung gegen Experten. Nur ein solcher Schritt wäre eine "gute und tragfähige Lösung", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nach einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Am Freitagabend hatten SPIEGEL und "Süddeutsche Zeitung" Ausschnitte eines Videos veröffentlicht, die ein mehr als sechs Stunden langes Treffen aus dem Juli 2017 dokumentieren: In einem Ferienhaus auf Ibiza kamen Heinz-Christian Strache und sein Vertrauter Johann Gudenus mit einer angeblichen russischen Investorin zusammen und stellten ihr Staatsaufträge in Aussicht - sollte diese zuvor den Freiheitlichen im Wahlkampf zum Erfolg verhelfen. Das Treffen war ganz offensichtlich eine Falle. Wer sie eingefädelt hat, ist unklar.

Das Video löste daraufhin eine Regierungskrise aus. (Alle Entwicklungen lesen Sie hier) Vizekanzler Strache trat zurück. Kickl war FPÖ-Generalsekretär, als das Skandalvideo entstand. Kurz hatte in einem Interview mit dem "Kurier" bereits verdeutlicht, dass Kickl aus seiner Sicht als Innenminister nicht gegen sich selbst ermitteln könne.

Kurz: "Es ist ein großer Schaden des Landes entstanden"

In einem Statement hatte Kurz Kickl zwar mangelnden Aufklärungswillen vorgeworfen, aber noch nicht von seiner Entlassung gesprochen. Auf die Frage einer Journalistin, warum er sich erst so spät dazu entschlossen habe, sagte Kurz: "Die Entscheidung, eine Wahl auszurufen, einen Minister zu entlassen, das sind Schritte, bei denen man sich sehr genau überlegen sollte, wo und wann man sie tätigt."

Der "persönliche Anstand" gebiete es, gewisse Entscheidungen mit den Menschen zu besprechen, die es betreffe, bevor man sie öffentlich mache.

"Es hat sich eine Partei massiv selbst beschädigt", sagte Kurz am Montagabend. International sei "ein großer Schaden des Landes entstanden".

.

mfh/AFP/dpa