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Liberaler Wahlerfolg in der Slowakei Die Frau, die auch ohne Hetze gewinnt

Zuzana Caputova hat bei der Präsidentschaftswahl in der Slowakei gesiegt - und zwar deutlich. Ist der Erfolg der Proeuropäerin der Anfang vom Ende der rechtspopulistischen Erfolgssträhne in Osteuropa?
Zuzana Caputová: "Populismus ist keine notwendige Strategie"

Zuzana Caputová: "Populismus ist keine notwendige Strategie"

Foto: VLADIMIR SIMICEK / AFP

Zuzana Caputová ist eine geschiedene, proeuropäische Umweltanwältin, eine politische Quereinsteigerin noch dazu. Umso mehr beeindruckt da ihr Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der katholischen Slowakei. 58 Prozent der Stimmen holte sie - obwohl in Bratislava, wie auch in Polen, Ungarn und Tschechien, eine Partei regiert, die sich rechtspopulistisch orientiert: Smer, dem Namen nach sozialdemokratisch, hatte mitgemacht in der großen Antimigrantenkoalition vieler osteuropäischer Staaten und bestimmt seit Jahren den politischen Mainstream.

Caputová scheint es gelungen zu sein, die Hegemonie des Nationalismus, des Hasses auf Eliten und Fremde, zu brechen: "Populismus ist keine notwendige Strategie, um Wahlen zu gewinnen", sagte sie am Sonntag. Das ist ein schöner Satz, doch er stimmt nur halb. Osteuropas Rechtspopulisten sind noch lange nicht erledigt. Die Freude von EU-Politikern wie dem Belgier Guy Verhofstadt scheint reichlich verfrüht. Der hatte begeistert von "frischem Wind im Segel" der europäischen Liberalen geschrieben.

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Es stimmt: Caputová ist nationalistisches Getöse fremd, sie hat nicht die Angst vor Migranten geschürt oder gegen Eliten in Bratislava und Brüssel gehetzt.

Doch: Hat sie deswegen gewonnen? Wohl nur indirekt. In der Slowakei verkörpert Caputová in diesem Moment die Abkehr von der Vergangenheit. Von grausigen Vorfällen wie der Mord an dem Investigativ-Journalisten Ján Kuciak vor einem Jahr. Noch immer ist nicht ganz klar, was da eigentlich passiert war. Mehrere Tatverdächtig sind in Haft, ein Oligarch, der es mit zwielichtigen Nachwende-Geschäften zu Reichtum gebracht hatte, soll der Auftraggeber sein. Und über allem erhärtet sich der Verdacht, dass mafiöse Verbindungen bis in höchste Smer-Kreise bestanden. Caputová hatte also leichtes Spiel.

Die Nationalpopulisten in der Slovakei, so könnte man zugespitzt sagen, sind nicht von ihr besiegt worden, sondern haben sich durch Korruption selber demontiert.

Korruption kann die Wahlen beeinflussen - in alle Richtungen

Caputová repräsentiert Werte, die von vielen als "europäisch" verstanden wurden: Transparenz, Demokratie, Offenheit und einen "zivilisierten" Ton in der politischen Debatte. Die Smer-Regierung bringt uns um die Errungenschaften der Wende - so in etwa lautete das Credo der Demonstranten, die nach dem Mord zu Tausenden gegen Klientelismus und Vetternwirtschaft auf die Straßen gegangen waren. Und dieses Gefühl war es, das Caputová zum Sieg getragen hat.

Der Fall Slowakei zeigt zumindest, dass es vor allem Korruptionsaffären sind, die den regierenden Nationalpopulisten gefährlich werden können - nicht etwa Drohungen aus Brüssel.

Wichtigste politische Suggestion der rechten Kräfte ist die, zu behaupten, sie verträten den wahren Volkswillen, gegen "die da oben". Dieser Nimbus aber ist schnell dahin, wenn auffliegt, wie tief manche von ihnen in zwielichtige Geschäftemacherei verwickelt sind.

Das mahnende Beispiel Rumänien

In Serbien, Bulgarien, aber auch in Ungarn hat der Verdacht der Korruption immer wieder Tausende gegen die Herrschenden aufgebracht. Was fehlte, war jeweils eine charismatische Führungsfigur wie Zuzana Caputová. Bis auf den Fall Rumänien: Klaus Johannis, ein Siebenbürger Sachse, gewann dort 2014 die Präsidentenwahl. Weil das Volk ihm zutraute, mit der Korruption der Sozialdemokraten an der Macht aufzuräumen.

Das hat nicht geklappt. Johannis muss zusehen, wie die Regierung auf beispiellos dreiste Weise den Rechtsstaat demontiert.

Seine Kompetenzen im Amt reichen einfach nicht weit genug, um wirklich ein Gegengewicht sein zu können. Das Gleiche gilt auch für die aktuelle Wahlsiegerin in der Slowakei: Laut Verfassung wird auch Zuzana Caputová in Zukunft als Präsidentin vor allem repräsentative Aufgaben übernehmen.