Verstorbener US-Senator Darum darf Trump nicht zu McCains Beerdigung
"Mein Herz ist gebrochen. Ich hatte das Glück, 38 Jahre das Abenteuer zu erleben, diesen außergewöhnlichen Mann zu lieben. Er verstarb auf dieselbe Weise, wie er gelebt hat, zu seinen eigenen Bedingungen."
Die Mitteilung, die Cindy McCain zum Tod ihres Mannes veröffentlichte, verdeutlicht einen uramerikanischen Wert, den der US-Senator so konsequent verkörperte wie kaum ein anderer Politiker der republikanischen Partei: den Wert der persönlichen Freiheit.
My heart is broken. I am so lucky to have lived the adventure of loving this incredible man for 38 years. He passed the way he lived, on his own terms, surrounded by the people he loved, in the the place he loved best.
— Cindy McCain (@cindymccain) August 26, 2018
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John McCain, der am Samstag im Alter von 81 Jahren an den Folgen eines Hirntumors gestorben ist, trat dafür ein, dass ein jeder sein Leben nach den eigenen Zielen und Vorstellungen gestalten kann. Was wiederum bedeutet, dass man andere Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit annimmt, ihre persönlichen Grenzen respektiert.
"We agree to disagree", sagt man in den USA. John McCain hat das stets kultiviert. Seinen demokratischen Widersacher Barack Obama bezeichnete er im Präsidentschaftswahlkampf 2008 einmal als "anständigen Bürger", mit dem er lediglich Meinungsverschiedenheiten habe.
Basic human decency. Missed deeply with Senator McCain. pic.twitter.com/edqG4w0lM4
— ian bremmer (@ianbremmer) August 26, 2018
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In den vergangenen drei Jahren ist der Kampf für eine respektvolle öffentliche Debatte zu McCains zentraler Lebensaufgabe geworden. Schuld daran ist sein republikanischer Parteigenosse, der amtierende US-Präsident Donald Trump.
Trump steht für vieles, was McCain rundherum ablehnte. Vor allem aber steht er für eine fast grenzenlose Respektlosigkeit gegenüber anderen Menschen, für eine Verrohung der politischen Kultur.
Die gegenseitige Verachtung zwischen Trump und McCain zeigte sich schon während Trumps Wahlkampf in den Jahren 2015 und 2016. Als Trump bekannt gab, Präsident werden zu wollen, und dabei mexikanische Einwanderer als "Kriminelle" und "Vergewaltiger" bezeichnete, kritisierte McCain das als "widerwärtig".
John McCain: Kriegsheld, Senator, Anti-Trump
Trump sagte wenig später, McCain sei kein Kriegsheld, weil er während des Vietnamkrieges gefangen genommen worden sei. "Ich mag Leute, die nicht gefangen genommen wurden."
McCain war als Pilot der US-Navy in Vietnam in Gefangenschaft geraten und von den Vietcong gefoltert worden. Als Politiker sprach er sich immer wieder gegen Folter aus. Er warb zudem dafür, dass das umstrittene Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba geschlossen wird.
Das Entsetzen über Trumps Äußerungen war groß. Das Ausmaß seiner Respektlosigkeit war damals noch ungewohnt. Eine Entschuldigung lehnte Trump ab.
Spätestens seit diesem Vorfall war das Verhältnis von Trump und McCain von gegenseitiger Verachtung geprägt.
Trotz aller Differenzen stellte sich McCain im US-Präsidentschaftswahlkampf zunächst hinter Trump, als die Republikaner ihn zu ihrem Kandidaten machten. Als dann aber ein Video auftauchte, in dem Trump sich schwer abfällig über Frauen äußerte, verweigerte McCain jede weitere Unterstützung.
In dem Video sagt Trump sinngemäß, als Star könne man sich jede Frau greifen und einfach küssen. McCain entgegnete: "Keine Frau sollte je Opfer eines solch unangemessenen Benehmens werden."
Am 8. November 2016 wurde Trump zum US-Präsidenten gewählt. McCain wurde Trumps größter Kritiker. Bis kurz vor seinem Tod stellte sich McCain offen und dauerhaft gegen Trump. Es gibt nicht viele Republikaner, die sich das trauen. Trump hat sich die Partei in weiten Teilen untergeordnet. Gerade deshalb stach McCain so heraus.
Im Sommer 2017 verhinderte er im Kongress, dass Obamas Gesundheitsversicherung "Obamacare" ersatzlos abgeschafft wurde. Trump tobte. McCain hatte Obamas Reform stets selbst kritisch gesehen. Trotzdem verteidigte er sie. Denn Trumps Alternativvorschlag hielt er für noch weit schlimmer.
Als Trump sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Mitte Juli gegen die Einschätzung seiner eigenen Geheimdienste stellte, wonach sich Moskau in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt habe, veröffentlichte McCain eine lange, bissige Pressemitteilung . Trumps Auftritt sei der "schändlichste eines amerikanischen Präsidenten", schrieb McCain.
Im Mai 2018 berichtete die "New York Times", McCain wolle Trump nicht bei seiner Beerdigung dabeihaben. Am Sonntag nun schrieb die Zeitung, die früheren Präsidenten Barack Obama und George W. Bush seien stattdessen gebeten worden, Reden bei der Beerdigung zu halten.
Trumps Reaktion auf McCains Tod fällt entsprechend nüchtern aus. Der Präsident veröffentlichte lediglich eine knappe Nachricht auf Twitter. "Mein tiefstes Mitgefühl und Respekt gehen an die Familie von Senator John McCain", schrieb er. "Unsere Herzen und Gebete sind bei euch!"
Würdigende Worte für McCain selbst fand Trump zunächst nicht, auch das Weiße Haus veröffentlichte keine längere Erklärung.
In den USA ist man nun - wieder einmal - fassungslos über Trump. Selbst Brit Hume, ein Kommentator des Trump oft wohlgesonnenen Senders Fox News, schrieb: "Immer noch kein freundliches Wort über McCain."